MZ/X oder Köbüki aus der Trickfilmserie Adolar

Schokoladenpapier, Gesellschaftskritik im Trickfilm und der Traum von Freiheit.    

Wer Familie Mézga nicht kennt, der oder die hat eventuell was verpasst. Das lässt sich leicht ändern. Fangen wir mit den Abbildungen auf dem Schokoladenpapier aus den 1970er Jahren an. Die einzelnen Familienmitglieder sind die Protagonisten der Trickfilmserie „Die Abenteuer der Familie Mézga“, eine Serie, die in drei Staffeln produziert wurde und weit über das ungarische Fernsehen hinaus, vor allem in der DDR, sowie in Tschechien, in der Slowakei, in Brasilien und in Italien als Kultserie galt.



Aber ganz von vorn:

Januar

Schokoladenpapier aus der Serie „Die Familie Mézga“

Budapest auf einer Europakarte

Datierung: 1970er Jahre
Material: Papier
Maße: 7 x 4 cm
Herstellungsort: Budapest, Ungarn
Sammlung: Magyar Kereskedelmi és Vendéglátóipari Múzeum, Budapest 

Das Schokoladenpapier

Was war drin? In den Verpackungen steckten die Produkte der Schokoladenfabrik in Szerencs. Die Fabrik feierte 2023 ihren 100. Geburtstag. Die Marke Szerencs bereicherte bereits 1923 den Süßigkeiten-Markt mit ihren Köstlichkeiten. Die Schokolade, die sich in dem Papier befand, trug die Nummer 601 und war die beliebteste und meistverkaufte Milchschokolade der 60er, 70er und 80er Jahre in ganz Ungarn.
Was war drauf? Vater Géza, Mutter Paula, die Sprösslinge Aladár und Kriszta, sowie der Ur-ur-ur-ur-Enkel MZ/X.

Die Schokoladenfabrik kaufte damals die Bild-Rechte von den Produzenten der Serie, weil die Zeichentrickfilme sich großer Beliebtheit und internationaler Bekanntheit erfreute. Auch damals in der Planwirtschaft war Verpackung und Vermarktung ein wichtiges Thema. Die Idee ging auf: allein von den 20 Gramm Täfelchen mit den Abbildungen der Familie Mézga wurden bis 1976 80 Millionen Stück verkauft. Übersetzt man die damaligen ungarischen Löhne in die Gegenwart, waren die Tafeln für 2,5 Forint, was heute 2,20 € für 20 Gramm Schokolade bedeuten würde, nicht gerade günstig.

Adolar in Streeatart

Aladár, alias Adolar oder Archibald.

Ein Werk des ungarischen Streetart-Künstlers, MARK. Budapest, 2023 

Der Trickfilm

Die ersten Episoden der Serie wurde 1970 im ungarischen Fernsehen ausgestrahlt. Bis heute werden die drei Staffeln immer wieder gezeigt, es gibt DVDs und sogar Theaterstücke basierend auf den Inhalten einzelner Folgen. Der Humor, die subtile Ironie und die versteckte Gesellschaftskritik, die den osteuropäischen Filmemachern eigen sind, charakterisieren die Filmsprache und bestimmen die Geschichten.


Die Familie Mézga (Metzger in Deutschland, Mezil in Italien oder die Smolikovy für die tschechischen und die Miazgovci für die slowakischen Zuschauer) ist auf den ersten Blick eine ganz durchschnittliche Familie der 70er Jahre. Géza, der Vater, arbeitet als Buchhalter und ist ein vollkommener Pantoffelheld. Paula, Mutter und Hausfrau mit schwachen Nerven, doch wenn es um das Wohlergehen der Familie geht, verwandelt sie sich in eine Löwin.
Tochter Kriszta ist eine anstrengende und zynische Pubertierende, die sich nur für ihre Gitarre interessiert und absichtlich schlechte Leistungen in der Schule erbringt. Ein gar nicht durchschnittliches Mitglied der Familie ist der Ur-ur-ur-ur-Enkel MZ/X aus dem 30. Jahrhundert. Aber die eigentliche Hauptfigur der Serie ist der Sohn Aladár. Er ist 12 Jahre alt und ein Genie. Dank seiner Erfindungen kann er vom nervigen Alltag der damaligen Gegenwart in andere Welten, auf andere Planeten entfliehen. Große Hilfe ist ihm dabei sein Ur-ur-ur-ur-Enkel MZ/X aus der Zukunft. Diejenigen, die ihre Kindheit in der DDR verbrachten, kennen ihn unter dem Namen Adolar. Für die Kinder im Westen hieß er Archibald.

Die Freiheit und das Träumen

„Als ich klein war, habe ich mich manchmal weit weg von meinem Hier und Jetzt geträumt.“
Diesen Kommentar schrieb eine Zuschauerin unter eine der Episoden der Trick-Serie aus der Staffel „Adolars Fantastische Abenteuer“.


Es war leicht mit Adolar in fremde Welten zu reisen. Ganz anders als in der eigenen Realität. Und diese Begeisterung hält bis heute an. Viele Menschen im östlichen Teil der heutigen Bundesrepublik erinnern sich noch gut an die Kultserie:

„Unser Bandname ist eine Liebeserklärung an diese wundervoll verrückte Zeichentrickserie“ erzählen die Mitglieder der 2008 gegründeten Indie-Punk-Rock-Band „Adolar“ aus Sachsen-Anhalt. Auch ihnen hilft Adolar beim Wegträumen: „In der Gesellschaft gibt es immer unzählige Dinge, die einen nerven. Wenn wir einen Adolar-Song spielen, fühlen wir uns im Anschluss immer noch nicht wirklich geborgen auf diesem Planeten. Aber für kurze Zeit macht einen diese Tatsache dann nicht mehr ganz so wütend oder traurig.“